Wer die Einrede des mangelnden neuen Vermögens erhebt, muss die Gerichtskosten vorschiessen

Das Bundesgericht stärkt den Inkassobüros den Rücken

Wer nach einem Konkurs von einem Konkursgläubiger betrieben wird, kann zusammen mit dem Rechtsvorschlag die Einrede erheben, er sei seit seinem Konkurs nicht zu neuem Vermögen gekommen. Die Einrede wird von einem Gericht geprüft. Bisher haben die Kantone die Frage, wer den Kostenvorschuss für das Gerichtsverfahren bezahlen muss, uneinheitlich beantwortet. Jetzt hat das Bundesgericht entschieden: Den Vorschuss muss die betriebene Person bezahlen.

Damit werden beispielsweise die SchuldnerInnen im Kanton Bern schlechter gestellt. Sie müssen Geld aufbringen, welches sie vielleicht gar nicht haben. Das Ergebnis ist paradox: Je gerechtfertigter die Einrede ist, desto härter werden die SchuldnerInnen getroffen. Sie können der Zahlungspflicht nur dann entrinnen, wenn sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege einreichen (was einen riesigen Arbeitsaufwand mit sich bringt).

Das Urteil kommt den Inkassobüros sehr gelegen. Sie bemühen sich seit einigen Monaten vermehrt um Inkassoaufträge für Verlustscheine. Mit einigem Aufwand machen sie die Gläubiger darauf aufmerksam, dass am 1. Januar 2017 die ersten Verlustscheine verjähren werden.

Was bis vor wenigen Monaten undenkbar war, geschieht jetzt immer häufiger: Kantone und Gemeinden sind dazu übergegangen, das Inkasso ihrer Guthaben an Inkassobüros zu übertragen. Staatsrechtliche Bedenken werden verdrängt: Dass das Gemeinwesen die Eintreibung seiner Forderungen an Büros übergibt, welche nicht für zimperliches Vorgehen berühmt wären, ist aus staatrechtlicher Sicht bedenklich.

Daran sollte eigentlich nichts ändern, dass das eine oder andere Inkassobüro Kreide gefressen hat. Die Alphapay AG zerstreut die Bedenken ihrer potentiellen Kunden mit dem Hinweis darauf, dass man Vorstandsmitglied beim "Plan B" sei - zusammen mit der Raiffeisen, der Aduno (lies: Cashgate und Viseca), und - der Caritas Schweiz und der Pro Juventute. Der Verein Plan B hat gemäss seiner Website "zur Aufgabe den verantwortungsvollen Umgang mit Geld und Konsum in der Gesellschaft zu fördern und jenen Menschen zu helfen, die in eine Schuldenfalle geraten sind." Verkehrte Welt: Kreditinstitute und Inkassobüros stehen angeblich überschuldeten Menschen zur Seite! Gespannt wartet man bei den Schuldenberatungsstellen auf die ersten Anzeichen für Hilfsbereitschaft.

Aggressiver gibt sich die Intrum Justitia. Sie vergleicht die Suche nach gewinnträchtigen Verlustscheinen mit der Trüffelsuche und publiziert auf ihrer Website das Kochrezept für "Pilzköpfchen Royal mit schwarzen Trüffeln" - zusammen mit dem Hinweis: "Ihre Verlustschein-Trüffel leben versteckt im Archiv." Oder ein Rezept für Rehfleisch auf Trüffel-Couscous ("Bestimmt haben auch Sie noch weisse Trüffel unter Ihren Verlustscheinen").

files/icons/icon_BGE12.gif  Bundesgerichtsentscheid

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