Schuld: Fr. 1.05 - Inkassoforderung: Fr. 481.70

Die Kunst des Aufblasens - vorgeführt durch ein Inkassobüro

481 Franken und 70 Rappen soll eine Schuldnerin dem Inkassobüro hinblättern, um eine Schuld zu begleichen, die einen Franken und fünf Rappen beträgt. Das 458-fache der Forderung!

Bei der geltenden Rechtslage hat das Inkassobüro nicht die geringste Chance, diese Forderung vor Gericht durchzubringen. Art. 27 Abs. 3 SchKG verbietet die Überwälzung der Kosten des Inkassobüros auf den Schuldner. Eben dies versucht es mit dem Zahlungsbefehl, welcher der Berner Schuldenberatung vorliegt:

«Verursacherprinzip auch beim Inkasso»...

Der Nationalrat hat eine Motion überwiesen, welche unter dem Motto «Verursacherprinzip auch beim Inkasso» das verlangt, was die Inkassobüros seit langen Jahren anstreben: Sie sollen ihre Honorarnote dem Schuldner belasten dürfen.

... oder Abzocke um jeden Preis?

Die Forderung selber wäre ausgesprochen mager. Aber «sonstige Kosten», «Ratenzuschläge», «Verzugsschaden gem. Art. 106 OR» und «Bonitätsprüfungsspesen» sollen Fleisch an den Knochen bringen, so viel Fleisch, dass die ursprüngliche Forderung fast nicht mehr auszumachen ist. Es geht nicht darum, den Schaden möglichst klein zu halten. Es geht schlicht und einfach darum, das Inkassobüro mit phantasievoll umschriebenen Zuschlägen zu mästen.

Hoffnung auf den Ständerat

Es ist zu hoffen, dass der Ständerat den Boden unter den Füssen behält und an einem Grundsatz festhält, der im schweizerischen Zwangsvollstreckungsrecht schon seit dem 19. Jahrhundert gilt: Inkasso ist ein Geschäft, welches nicht auf dem Buckel der Menschen betrieben werden soll, welche ohnehin Mühe haben, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Inkassobüros sollen nicht das Recht bekommen, verschuldete Menschen noch tiefer ins Elend zu stossen.

 

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